28. Dezember 2023
Arbeiten Grosslabore im Interesse der Ärzte oder der Patienten?
Medinside.ch berichtete am 6. Dezember 2023 (“Labors wollen sich von Kickback-Schulden loskaufen“) darüber, dass einige Grosslabors den Krankenkassen Geld als Wiedergutmachung von umstrittenen Zahlungen an Ärzte offerieren. Es geht dabei um Rückvergütungen an Ärzte, welche diese von Labors für erteilte Laboraufträge erhielten. Ich habe bereits am 5. Oktober 2000 («Tarifsenkungen für Laboranalysen – Profit für Patienten?») darüber berichtet, worum solche Rückvergütungen nicht als Aufwandentschädigung, sondern vielmehr als Marketinginstrument zu qualifieren sind und damit nicht den Ärzten, sondern den Patienten resp. den Krankenkassen zustehen (Art. 56 Abs. 3 KVG) .
Auch die Empfehlung der FMH zur Umsetzung der Weitergabe von Rabatten auf Rechnungen (vgl. “Laboranalysen – das Ende von Kick-backs an Ärzte?” vom 27. Mai 2021) scheint wenigstens bei einem Teil der Labore (die in der Vergangenheit Kickbacks zahlten) zu einem Umdenken geführt zu haben. Ob die Verantwortlichen der betroffenen Labore dabei primär im Interesse des jeweiligen Unternehmens oder im Eigeninteresse handeln, werden diejenigen Ärzte, die teilweise jahrelang Geld ohne relevante Gegenleistung kassierten, wohl bald zu spüren bekommen.
Profitier(t)en alle Ärzte von Kickbacks?
Labore schliessen mit Ärzten resp. Praxen oder Gesundheitszentren individuelle Verträge ab. Nicht alle Labore zahlen Kickbacks, die Ausrichtung von Kickbacks ist nicht in allen Verträgen vorgesehen. D.h., nur ein Teil der praktizierenden Ärzte erhalten für Laboraufträge Rückvergütungen. Darüber hinaus gibt es auch Labore (z.B. Inveniumus Medizinische Laboratorien AG), die grundsätzlich keine Kicks-Backs zahlen (vgl. medinside.ch vom 6. Dezember 2023: “Labors wollen sich von Kickback-Schulden loskaufen“).
Geldstrafen für Ärzte, die Kickbacks angenommen haben?
Unabhängig davon, ob die Labore reumütig Vergleiche mit den Krankenkassen anstreben oder nicht, nützt dies denjenigen Ärzten wenig, die sich bisher für erteilte Analyseaufträge vom Auftragslabor bezahlen liessen und diese Leistungen nicht an die Patienten/Krankenkassen weitergaben. Diesen droht bei Nichteinhaltung der Weitergabepflicht eine Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen. Die Höhe eines Tagessatzes richtet sich nach dem Einkommen und kann je Tagessatz bis zu CHF 3‘000 betragen. Betroffene Ärzte sind wohl gut beraten, die kassierten Kickbacks den Patienten oder Krankenkassen zukommen zu lassen.
lic. iur. HSG Nico Gächter, Rechtsanwalt & Notar, rtwp rechtsanwälte & notare, Rosenbergstrasse 42b, 9000 St. Gallen