Laboranalysen – das Ende von Kick-backs an Ärzte?

27. Mai 2021

Weitergabepflicht von Vergünstigungen an Ärzte

Mit dem Beitrag «Tarifsenkungen für Laboranalysen – Profit für Patienten?» habe ich bereits dargelegt, wieso m.E. die von den Behörden des Kantons Waadt geduldeten Zahlungen medizinscher Labore an Ärzte im Umfang von CHF 10 pro Analyseauftrag nicht als Aufwandentschädigung, sondern viel mehr als Direktmarketingsystem zwecks Kundenbindung zu betrachten sind.

Auch die tarifsuisse ag scheint Pauschalleistungen medizinischer Labore an Ärzte für erteilte Laboraufträge nicht als sog. Fee-for-Service zu betrachten, welche die empfangenden Ärzte für sich behalten dürfen. Solche Leistungen sind als direkte Vergünstigung zu qualifizieren, welche gestützt auf Art. 56 Abs. 3 KVG den Patienten/Krankenkassen weiterzugeben sind. Ob tarifsuisse ag gestützt auf Selbstanzeigen oder Kontrollen bereits von mehreren Ärzten die Herausgabe erhaltener, aber nicht weitergeleiteter Vergünstigungen erwirkt hat, will tarifsuisse ag nicht kommunizieren.

Umsetzungsempfehlung der FMH (Stand April 2021)

Die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) stellt in ihrer Empfehlung zur Umsetzung der Weitergabe von Rabatten auf Rechnungen klar, dass eine nochmalige Entschädigung der Blutentnahme durch das Auftragslabor für den jeweiligen Arzt einen geldwerten Vorteil darstellt, welcher den Patienten/Krankenversicherungen weitergegeben und solche Vergünstigungen seit 1.1.2020 auf der Arztrechnung ausgewiesen werden müssen.

Die FHM erinnert auch daran, dass Vergünstigungen, die Ärzte von einem Auftragslabor erhalten, gemäss BAG nicht unter den Geltungsbereich von Art. 56 Abs. 3bis KVG (Ausnahmen von der Weitergabepflicht) fallen und deshalb nicht zurückbehalten und zur Qualitätsverbesserung eingesetzt werden können.

Mit ihrer Umsetzungsempfehlung legt die FHM dar, wie aus ihrer Sicht gewährte Rabatte gestützt auf Art. 42 KVG transparent auf den Rechnungen ausgewiesen werden und dem Schuldner einer Vergütung (Patient oder Krankenkasse) weitergegeben werden können.

Fazit

Soweit die Kostenstruktur eines medizinischen Labors Rabatte zulässt, erscheint es richtig, diese nicht in Form von Kick-backs an Ärzte, sondern in Form von Rabatten an Patienten/Krankenkassen weiterzugegeben.

Handlungsbedarf für Ärzte?

Ärzte, die sich bisher Analyseaufträge vom Auftragslabor bezahlen liessen und diese Leistungen nicht an die Patienten/Krankenkassen weitergaben, sind wohl gut beraten, bisher empfangene Leistungen nachträglich abzuliefern und der Weitergabepflicht für allfällig weiter zufliessende Leistungen nachzukommen. Schliesslich droht bei Nichteinhaltung der Weitergabepflicht eine Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen. Die Höhe eines Tagessatzes richtet sich nach dem Einkommen und kann je Tagessatz bis zu CHF 3‘000 betragen.

lic. iur. HSG Nico Gächter, Rechtsanwalt & Notar, rtwp rechtsanwälte & notare, Rosenbergstrasse 42b, 9000 St. Gallen

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