Revision Heilmittelgesetz – Folgen für die Zusammenarbeit von med. Laboratorien und Ärzten

10. Januar 2020

Per 1. Januar 2020 ersetzen Art. 55 (Integrität) und Art. 56 (Transparenz) des revidierten Heilmittelgesetzes (reV HMG) den bis dahin geltenden Art. 33 HMG. Gleichzeitig tritt die Verordnung über die Integrität und Transparenz im Heilmittelbereich (VITH)  in Kraft. Mit der Gesetzesrevision werden die Integritäts- und Transparenzbestimmungen im Heilmittelbereich verschärft. Diese Bestimmungen gelten nicht nur für die Ärzte, sondern z.B. neu auch für die MPA’s. Die Erweiterung der Geltung von Art. 55 reV HMG auf sämtliche Medizinprodukte erfolgt voraussichtlich per Mitte 2020. Für den Vollzug der Weitergabepflicht gemäss Art. 56 Abs. 3 KVG sind ab 1. Januar 2020 nicht mehr die Krankenkassen, sondern das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zuständig.

Zusammenarbeit von Arzt/Arztpraxen / medizinische Laboratorien im Grundsatz

Behandelnde Ärzte unterstehen für erhaltene direkte und indirekte Vergünstigungen der Erfassungs-, Weitergabe- und Aufführungspflicht, d.h.:

  • Vergünstigungen bezogen auf gelieferte Mittel, welche der Untersuchung oder Behandlung dienen, sind systematisch zu erfassen. Die Dokumentationen sind 10 Jahre aufzubewahren;
  • Vergünstigungen sind, sofern diese den Betrag von CHF 300 pro Arzt und Jahr überschreiten – wie bisher an den jeweiligen Patienten bzw. die jeweilige Versicherung weiterzugeben. Geben medizinische Laboratorien Ärzten z.B. Rabatte auf Laborgeräte, vermieten sie den Ärzten Geräte unter dem Marktpreis, zahlen sie anstelle der Ärzte Servicekosten für Geräte etc., unterliegen diese Vergünstigungen der Weitergabepflicht;
  • Ärzte müssen in den Patientenrechnungen die Vergünstigungen aufführen, sofern diese nicht bereits über niedrige Kosten in die Tarif- und Preisberechnung eingeflossen sind.

Laut BAG werden von medizinischen Laboratorien an Ärzte gewährte Vergünstigungen vom neuen Art. 56 Abs. 3bis KVG nicht erfasst. Die Weitergabe nur eines Teils der Vergünstigung kann deshalb nicht vereinbart werden.

Fee-for-Service

Tritt die Erweiterung von Art. 55 revHMG auf sämtliche Medizinprodukte in Kraft, ist die gesetzliche Grundlage für eine Ausnahme von der Weitergabepflicht von Abgeltungen Dritter geschaffen. Eine Fachperson (Arzt) darf dann eine Abgeltung empfangen und muss diese weder an den Patienten noch an die Versicherung weitergeben, falls die Fachperson hierfür eine gleichwertige Gegenleistung erbringt. Diese Gegenleistung muss für die Fachperson jedoch einen zusätzlichen Aufwand erfordern und darf nicht mehrfach abgegolten werden. Bringt der Aufwand der Fachperson selbst einen direkten Nutzen, darf dieser nicht entschädigt werden.

Nach der hier vertretenen Auffassung wäre z.B. die Zahlung eines Frankenbetrags an einen Arzt pro erteiltem Laborauftrag für die Entsorgung infektiöser Abfälle oder die elektronische Auftragserfassung auch nach Inkrafttreten des erweiterten Art. 55 revHMG keine von der Weitergabepflicht ausgenommene Leistung. Auch das BAG geht davon aus, diese Art von «Gegenleistungen» könne von Ärzten ohnehin erwartet werden, eine separate Entschädigung dürfe nicht erfolgen. Eine solche «Auftragsentschädigung» müsste demnach wie bisher an den jeweiligen Patienten/die Versicherung weitergegeben werden.

Weitergabepflicht – Folgen von Pflichtverletzungen

Wer die Weitergabepflicht missachtet, kann mit einer Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen bestraft werden. Die Höhe des Tagessatzes richtet sich nach dem Einkommen und kann bis zu CHF 3‘000 betragen. Die Geldstrafe kann demnach den Betrag von CHF 540’000 erreichen. Wer zusätzlich mindestens einen weiteren Tatbestand des Strafgesetzbuchs erfüllt (z.B. Bestechung Privater), kann sogar zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden.

Neuregelung des Vollzugs

Dem BAG sind erhaltene Preisrabatte und Rückvergütungen offenzulegen. Es ist zu erwarten, dass das BAG ab 1. Januar 2020 ein Zeichen setzen und rasch zur Umsetzung schreiten, d.h. Kontrollen durchführen und Fehlbare anzeigen wird.

Bitte beachten Sie, dass in Fachkreisen die Meinungen, wie die Gesetze und Verordnungen zu interpretieren sind, unterschiedlich sind. Die vorstehenden Ausführungen basieren insbesondere auf Nachfragen bei Berufsverbänden und dem BAG sowie bis dato erschienenen Publikationen.

lic. iur. HSG Nico Gächter, Rechtsanwalt & Notar, RTWP Rechtsanwälte & Notare, Rosenbergstrasse 42b, 9000 St. Gallen

Zur Übersicht