Vergünstigungen an Ärzte – Kontrollen eingeleitet

2. Juli 2020

Einhaltung der Weitergabepflicht – Tarifsuisse AG ist aktiv

Die mit Rundschreiben vom 2. März 2020 angekündigte (vgl. «Vergünstigungen an Ärzte – Kontrollen drohen») Überprüfung der Ärzte bzw. Arztpraxen wurde mittlerweile in Angriff genommen. Tarifsuisse hat bereits einige Ärzte und Arztpraxen angeschrieben und diese aufgefordert, allfällige, innerhalb der letzten 5 Jahre von Laboratorien erhaltene Zahlungen bzw. Vergünstigungen offenzulegen. Unter solchen Vergünstigungen sind z.B. die Verschaffung medizinischer Geräte oder Materialen zu reduziertem Preis, die teilweise oder vollständige Finanzierung von Serviceverträgen betreffend Geräte oder Dienstleistungen Dritter (Abonnemente für Telefonie, Internet, etc.) oder die Verschaffung von Infrastruktur wie Möbel, allgemeine Praxissoftware, Telefone, Tablets, Computer oder Büromaterialen zu reduziertem Preis zu verstehen. Wer weder Zahlungen noch Vergünstigungen erhalten hat, wird von Tarifsuisse aufgefordert, dies vom jeweiligen medizinischen Labor schriftlich bestätigen zu lassen.

Sinn und Zweck der Kontrollen

Einige medizinische Laboratorien «belohnen» einen Teil ihrer Kunden (Ärzte, etc.) mit Vergünstigungen und motivieren damit den oder die Empfänger, ihnen die jeweiligen Proben zur Analyse einzusenden.

Leistungserbringer (Ärzte, etc.) müssen die von medizinischen Laboratorien erhaltenen direkten oder indirekten Vergünstigungen an deren Patienten etc. weitergeben (Art. 56 Abs. 3 KVG). Da nicht alle Leistungserbringer dieser Pflicht nachgekommen sind und evt. immer noch nicht nachkommen, überprüft Tarifsuisse aktuell stichprobenweise, welche Leistungserbringer sich gesetzeskonform verhalten und welche nicht. Tarifsuisse interessiert sich wohl auch dafür, in welchem Umfang einzelne med. Laboratorien Leistungserbringern Vergünstigungen gewähren bzw. innerhalb der vergangenen 5 Jahre gewährt haben.

Pflicht zur Offenlegung

Diejenigen Ärzte und Arztpraxen, welche in den letzten 5 Jahren von medizinischen Laboratorien Vergünstigungen bezogen haben und evt. weiterhin beziehen, sind gehalten, die entsprechende Dokumentation offenzulegen. Zur Offenlegung sind die betreffenden Ärzte gestützt auf deren Auskunftspflicht verpflichtet (Art. 42 Abs. 3 KVG). Die Pflicht zur Transparenz (eindeutig nachvollziehbarer Nachweis von Vergünstigungen) im Sinne von Art. 10 VITH gilt zwar erst seit 1. Januar 2020. Zahlungen und Vergünstigungen von Laboratorien waren jedoch bereits vorher in der Buchhaltung und gegenüber den Steuerbehörden auszuweisen und entsprechend zu dokumentieren.

Folgen für Ärzte

Wer der Weitergabepflicht nicht nachkommt, riskiert eine Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen. Die Höhe eines Tagessatzes richtet sich nach dem Einkommen und kann je Tagessatz bis zu CHF 3‘000 betragen.

 

lic. iur. HSG Nico Gächter, Rechtsanwalt & Notar, RTWP Rechtsanwälte & Notare, Rosenbergstrasse 42b, 9000 St. Gallen

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